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It`s just a rumour that was spread around town...

 
barbapapas

Die Bank Austria-Creditanstalt wirbt seit Kurzem mit den Barbapapas für einen sogenannten "flexiblen Kredit".

Ich kann das Schulterklopfen der Marketingfritzen bis in meine kalte Kemenate hören. Ein Supercoup, echt. Die Target Group wieder mal echt voll dort abgeholt, wo sie actually really ist. Totales Erlebnisbanking! Added Emotional Value bis der Arzt kommt, und dabei so, so...so generationgolfig.

Offensichtlich ist die BA (das "CA" kann man sich schenken, ist nicht einmal mehr eine Marke) an Kunden interessiert, die sich bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Privatkredits von Comicfiguren in der bedenklichen Ästhetik eines schiefgelaufenen MDMA-Selbstversuches beeinflussen lassen. Menschen, die bunte Stofftiere, vorzugsweise sogenannte "Diddl"-Mäuse, in verkehrssicherheitsgefährender Weise an ihre Autoheckscheiben heften und glauben, Shakira sei eine glaubwürdige Musikerin. Homines oeconomici in Reinkultur also.

Irgendwann in den Neunzigern haben die Banken ihre eigentliche Funktion total aus den Augen verloren. Trägheit und Desinteresse an den faktischen wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Kunden lassen bereits Jugendliche fünfstellige Schuldenstände aufbauen. "Sie können ihn zurückzahlen, wie Sie können", versichert die BA bezüglich ihres "flexiblen Kredits". Klar, und wenn du nicht mehr kannst, gibt es immer noch das da.

Ich unterstelle den Banken, dass sie aus einem zynischen Kalkül heraus dumme Menschen in die Schuldenfalle locken. Es ist für sie lukrativer, durch Verheissungen von der unerträglichen Leichtigkeit des Lebens auf grossem Fuss in einen Teufelskreis der Umschuldung, Kreditumschreibung und Hypothekenaufnahme zu treiben, als sich um ehrliche und streng geprüfte Finanzierungshilfen für vernünftige Projekte zu kümmern.

Banken sollten bei der Verwirklichungen wirtschaftlicher Pläne helfen. Als ehrliche Partner, mit offenen Karten und Vertrauen in neue Ideen. Genug zu tun gäbe es ja.

Anything goes war einmal: Nein ist das neue Ja. Nicht nur, weil hier eine Menge Geld verblasen und der Grundstein einiger betonfester Schuldnerkarrieren gelegt wird. Sondern auch, weil einer Werbeästhetik zum Durchbruch verholfen wird, die der Intelligenz und dem Empfindungsvermögen der Kunden spottet. Bedürfnisse, die ich nicht habe, möchte ich mir wenn schon, dann wenigstens auf elegante Weise einreden lassen.


* (Dieser Titel wurde von den Fehlfarben entlehnt. Sorry, Herr Hein, war aber passend.)

Der Fifty-Fifty-Joker jedes Jusstudiums ist das "bewegliche System" nach Wilburg (BSnW). Wenn Du wieder mal schnell und dreckig für eine Diplomprüfung gelernt und eigentlich nicht den blassesten Schimmer von furchtbar bedeutsamen Spezialfragen hast, dann gibt es ein Breitbandantibiotikum: Das BSnW. Dabei geht es meinem Verständnis nach darum, dass es zur Beurteilung eines Sachverhaltes mehrere Determinanten gibt, die alle zusammenhängen und irgendwie gleichwertig sind. Eine Art logisches Mikado.

Beispiel in Form eines Einakters, Titel: "Cisdanubia Transpiring".

Prüfer: Beurteilen Sie die Verfassungsmässigkeit von Harald Schmidts Polenwitzen!
Student: Hmhm, nun, diese, hmhm, Frage ist in der Gesamtschau der berührten Topoi zu beurteilen. Hmhm, in einem BEWEGLICHEN SYSTEM...
Prüfer: Danke, das genügt.
(Notiert in sein Prüfungsprotokoll. Student erkennt, dass das unleserliche Gekritzel nur ein Wort und nicht zwei, wie bei "Nicht genügend", darstellt. Aufatmen, Student ab Richtung Mensa).

Ich habe das BSnW immer als Beispiel für die totale Vernetzung alles mit allem verstanden. Egal, wo du beginnst, rumzuzupfen, am Ende ist nichts klar, aber Du bist aus dem Schneider. Die Zitierung Wilburgs genügt. So, als ob Alexander den Gordischen Knoten nicht zerschlagen hätte, er aber Asien trotzdem regieren durfte, weil man sein Bemühen so nett fand. Wir alle wissen, dass er nicht alt wurde. Soviel zur Nachhaltigkeit des unreflektierten Bezugs auf das BSnW.

Was hat das mit der Wohnungssuche in Brüssel zu tun? Nun, erstens ist "Wilburgs Wohnungssuche" eine geile Alliteration. Und zweitens habe ich bei meiner Suche nach einer billigen Butze, in welcher der Schimmel nicht an den Wänden, sondern nur auf dem Weichkäse gedeiht (also dort, wo er hingehört) immer mehr das Gefühl, dass es keine echte Strategie gibt, etwas zu finden. Irgendwann erbarmt sich das Schicksal in Gestalt eines exilportugiesischer Immobilienhais mit weichem Herzen und öffnet seine Besenkammer für soziale € 370.- (charges not included, two months rent deposit) für dich. Du kannst selber nichts tun, es läuft chaotisch von selber.

Den weissen Spritzer aus der Mensa werde ich mir dann vorstellen.

 

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