
Am Abend des 13.Oktober 2002 sass ich am Fenster von K.s Wohnung im Zentrum Belgrads und konnte den serbischen Präsidentensitz fast mit Händen greifen.
Wir waren bei K.s Eltern in Arandjelovac zum Essen eingeladen gewesen, etwas mehr als eine Stunde mit dem Auto von Belgrad entfernt. Es war der Tag der serbischen Präsidentenwahl. K. und ihr Freund D. waren nicht wählen gegangen. Sie waren beide 23. Seit sie denken konnten, waren sie mit Propaganda à la Milosevic zugeföhnt worden. Danach von der NATO bombardiert. Politik war ihrer eigenen Aussage nach etwas, für das ihnen die Kraft fehlte. Dabei waren sie nicht unpolitisch. Sie wollten bloss ihre Ruhe haben. Irgendjemand würde die Dinge hoffentlich zum Besseren wenden.
Seit vorgestern ist ein Kandidat, auf den viele Serben gesetzt haben, aus dem Rennen. Während die meisten Kommentatoren einen Rückfall Serbiens in die Achtziger Jahre befürchten, hoffe ich auf das Gegenteil. Ich hoffe auf die demokratischen, intellektuellen Kräfte, die Belgrad einst zu einer Kulturhauptstadt Europas machten und am 5.Oktober 2000 Milosevic verjagten. Ich hoffe auf Leute wie Biljana Srbljanovic, Goran Svilanovic, Miroljub Labus. Auf K. und D.
Heute um 00:03 Uhr bekam ich eine Herde von SMS. K. meldete sich von ihrem Skiurlaub am Borovets, dem Hausberg der Belgrader. "I}m really angry (not sad, not disappointed)...is to make a good plan and go out of this country".
Ich wünsche mir, dass der erste Teil der SMS obsiegt.
werft - am Freitag, 14. März 2003, 17:47