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It`s just a rumour that was spread around town...

 
Da sitzt man dann also, 10:00 Uhr vormittags in der Skybar, und dreht den Kugelschreiber zwischen den Fingern. Am Panel die Geschäftsführer irgendeines Pauschalreisen-Veranstalters. Sie sehen so aus, wie man sich Manager von Pauschalreisen-Veranstaltern vorstellt; ich muss das nicht beschreiben.

Dann beginnen sie zu erzählen, links daneben flitzen Powerpoint-Rechtecke dahin. Neue Destination dort. Mehr Autoreisen, jetzt auch in Wohnwagen-Appartments in Kroatien. An die Strände von Sri Lanka, 88 Prozent mehr Reisende gegenüber 2002. Kuba-Rundreise, drei verschiedene Regionen, "traumhaft schöne Karibik". Auch nach Guantanamo, wenn man schon dort ist? Wohl nicht. Frag ich auch besser nicht nach. Würde nur zu peinlichen Momenten führen. Vor allem für mich.

Diese fünf Typen leben davon, dass sie hunderttausende Pauschaltouristen vorrangig per Flugzeug an die entlegensten Orte der Welt ebenso verschicken wie in grauenhaft perfekt durchgeplante, von der Außenwelt isolierte Ferien-, ja wie soll man sagen, Ferienkasernen ist wohl das passende Wort. Dort sollen sie sich vom Stress erholen, neue Kraft tanken. Stress, den sie von der Verrichtung sinnloser Tätigkeiten in ihren Broterwerben bekommen, für deren Verrichtung sie wiederum neue Kraft tanken sollen.

Nichts am Massentourismus ist richtig. Er ist falsch in der Anlage schon. Er ist nicht nur falsch, er ist vielmehr sinnlos. Wozu golfen auf Kreta? Wozu saufen auf den Balearen? Wozu Tonnen von Kerosin verblasen, um sich am dominikanischen Strand der Illusion hinzugeben, man täte etwas Exotisches. Mit zehntausend anderen Mitteleuropäern? Das führt doch zu nichts.

Bei dieser Pressekonferenz der *** ***** Reisen heute habe ich Adornos berühmtestes Zitat zum ersten Mal wirklich verstanden. Es gibt im falschen Leben wirklich kein richtiges. Die Mehrheit der Bevölkerung geht offensichtlich solch geistlosen, nein, geistfremden Tätigkeiten nach, dass sich selbst ihre Erfolgstypen am Ende eines Pressetermines in den Worten verkrampfen muss: "Mein Herzenswunsch - was auch immer unsere Konkurrenten sagen: Wir haben noch immer die Bestpreisgarantie! Weil wir nämlich immer gewillt sind, den besten Preis zu machen." Ähnlichen Unfug hört man auch von den anderen Spielbällen der kommerziellen Bedürfnisweckung, seien sie nun Autoverkäufer, Marketing-Beauftragte oder Mobilfunk-Kundenbetreuer.

Dafür jedenfalls ist Marco Polo nicht gestorben.
 

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