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It`s just a rumour that was spread around town...

 

Begnadete Beine

Geblendet vom "zauberwortrealmadrid" seien sie gewesen, die Bayern-Spieler, meinte Herr Beckenbauer, die Logorrhoe in Person. Na sowas auch!

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"Es war, wie wenn man Chopin eine Hand abhackt, damit er kein Klavier mehr spielt", beschreibt Cesar Luis Menotti jene Zeit seiner Trainerkarriere bei den Boca Juniors, als Diego Maradona von der Vereinsführung wegen eines positiven Dopingtests vom Spielbetrieb ausgeschlossen wurde. Menotti, der Maradona entdeckt und ihn als argentinischer Nationaltrainer und Betreuer des CF Barcelona geformt hatte, ist einer der ganz Großen des Fußballs. Nicht, weil er erfolgreich war. Sondern weil er `78, als Argentinien Weltmeister geworden war, den Empfang der Militärjunta in Buenos Aires verweigerte.
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1978 war Maradona 18 und noch nicht mit von der Partie. Acht Jahre später, Mexiko, seine zweite, meine erste WM. Sein Tor im Finale gegen Deutschland nicht nur Beitrag zur fußballästhetischen Großtat, den WM-Gewinn Deutschlands zu verhindern (dafür muß ihm jeder, dem an der Schönheit des Spieles etwas liegt, ewig dankbar sein - man male sich nur aus, wären Personen wie Berthold, Buchwald oder Augenthaler zweifache Weltmeister!), sondern eine jener Szenen, die sich mir unauslöschbar ins Gedächtnis geprägt haben. Wie die Aufnahmen von Kennedys Ermordung, dem Fall der Berliner Mauer, der einstürzenden Türme des World Trade Center.
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"Bei den Besitzlosen", so Menotti, "entstand der Fußball aus einem elementaren Grund: Er ist billig, fast gratis. Viele Menschen können sich überall nur mit einem Ball vergnügen, und der kann sogar aus Lumpen bestehen." Maradona war die Verkörperung des millionenfach geträumten Aufstiegs aus den Slums in die Glitzerwelt von San Siro, Bernabeu, Old Trafford, Maracana. In Frank Stronachs Eliteschmiede hätte es der "kleine Dicke" nie geschafft, dafür war er nicht charakterlich gefestigt genug. Kein sauberer Vorzeigebub. Dafür ein Held, für dessen Transfer zum SSC Napoli angeblich sogar die ärmsten Fans Geld sammelten.
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Gestern ist er 43 Jahre alt geworden. Ich nehme die schrecklichen Bilder mit Castro, den sonstigen Wahnsinn, die Drogen- und Frauengeschichten, seine traurige Gestalt mit den häßlichen Tätowierungen auf dem verfetteten Körper nicht zur Kenntnis. Sie sind aus einer Welt, in welche der wahre Diego nie eingetreten ist. Der echte Diego tanzt noch immer auf einem Bierdeckel Mark Wright aus, gibt Pat Bonner die Gurke und fingert den Ball an Peter Shilton vorbei (das einzige Hands, das ich nicht nur gelten lasse, sondern auch klar unterstütze!).
Alles Gute im Nachhinein, Diegote.

wagnerresultat

cupsieg
Natürlich ist es aus rein ökonomischer Sicht kein Wunder, dass sich die Veilchen heuer das Double geholt haben.
Zweifelsohne sind jene kritischen Stimmen im Recht, die zwischen dem Wirken des Franz St. aus Kanada und dem Handeln von Dürrenmatts "Alter Dame" fatale Parallelen bemerken.
Wohlweislich ist der Stellenwert des österreichischen Fussballs daran messbar, dass nicht einmal grosszügigste Geldgeschenke international anerkannte Trainer zum Verweilen bewegen können.
Und mit Fug und Recht kann man behaupten, die Austria kaufe wahllos sämtliche Leistungsträger ihrer nationalen Mitbewerber auf, was für österreichische Titel, nicht aber für das Mitspielen im Konzert der Grossen reiche.

Trotzdem.
Ich war ganz schön happy, als ich heute morgen auf orf.at vom 23.Cupsieg der "Veigerln" las.
Und noch happier, als ich auf grob gepixelten vier mal fünf Zentrimetern sah, wie diese drei Herren die drei Tore gegen Kärnten verursachten.

rushfeldt
Ihn traf ich vor einem Jahr in einem Graben-Café an, schnitzelsemmelessend. Vielleicht lag es am nordisch-zurückhaltenden Naturell, vielleicht an der zwischen Hand und Mund zerfallenden Semmel, vielleicht auch daran, dass er direkten Kontakt mit Fans nicht mehr gewohnt ist, seit er in Wien spielt - jedenfalls reagierte er auf meinen Dank für sein Tor gegen den Rivalen aus der Vorstadt im vortägigen Derby mit einem undefinierbaren Grunzlaut.
Ich machte mir angesichts anhaltender Transfergerüchte Sorgen, er würde die Mannschaft verlassen. Dann die Formkrise im letzten halben Jahr.
Jetzt ist er wieder da. Hurra.

id2021694
Vor genau zehn Jahren sah ein vierzehnjähriger Streber nägelkauend vom ersten Rang im Sektor E des Praterstadions aus den fantastischen Fallrückzieher des litauischen Strafraumungeheuers Iwanauskas zum 1:0 gegen die "Greanan". Es war der 21. Meistertitel der Wiener Austria.
Heute versucht eine 24-jähriger Streber nägelkauend, in den herumflirrenden Pixeln der sport1.at-Videostreams das wunderschöne 2:1 des begnadeten Slowaken Janocko gegen den GAK zu erkennen: 22. Meistertitel.
Litauen und die Slowakei sind heute in der EU. Iwanauskas ist litauischer Teamchef. Ich sitze mit einer violetten Krawatte vor einem Computerbildschirm in Belgien.
Seltsam, was sich in zehn Jahren alles geändert hat...

Sindelar
Heute vor hundert Jahren kam in einem kleinen Dorf in der Nähe des tschechischen Jihlava der brillianteste Fussballspieler auf die Welt, der jemals das Trikot des österreichischen Nationalteams tragen durfte.

Matthias Sindelar starb am 23. Jänner 1939 gemeinsam mit seiner jüdischen Lebensgefährtin Camilla Castagnola an den Folgen einer Rauchgasvergiftung.

Eine umfangreiche Reportage über den "Papierenen" finden Sie hier.

Und auch das wunderschöne Gedicht von Friedrich Torberg: "Auf den Tod eines Fussballspielers".

 

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