
Wenn meine im Anfangskapitel dieses Elektrotagebuchs aufgestellte Behauptung stimmt, dann hat Elvis Costello sich selber jetzt wieder lieb.
Vielleicht sind seine Hochzeitspläne aber auch nur Ausdruck einer besonders perfiden Form der misogynen Zerstörungswut, frei nach dem Motto: "Wer mit mir verheiratet ist, braucht keine Feinde mehr".
Hm.
Jedenfalls hoffe ich, dass aus dem fruchtbaren Schoss dieser Verbindung blühende akustische (!) Sprösslinge entfleuchen. Und dass der Grossmeister des grummelnden Honigschrammelns nicht aus lauter biochemischer Verrückheit beginnt, Kinderbücher zu schreiben, mit Fingerfarben zu malen oder Seerosen im gemeinsamen Garten in Cornwall zu züchten. Denn um mit Diana Krall zu musizieren, muss der alte Grantscheam sie nicht unbedingt heiraten. Das ging mit Burt Bacharach und Frau von Otter auch ohne.
* Ja, ich weiss, dieses Wortspiel ist ähnlich originell wie Mensch-ärgere-dich-nicht-spielen oder FilmFilmTeVauMovieWeltpremieren auf Sat 1. Beruhigt aber alles die Nerven.
werft - am Montag, 5. Mai 2003, 16:39 - Rubrik: Bizarre Beobachtungen

Morgen endet das Festival du film européen in Brüssel. Neben einigen Enttäuschungen wie dem völlig ohne Story auskommenden Wir (vielleicht lasse ich mich zu einem späteren Zeitpunkt über die ärgerlichen Parallelen zwischen diesem Film und "Soloalbum" aus) entfalteten sich ein paar Meisterwerke auf den Leinwänden des Flagey.
Der höchste Neueinstieg in meiner Top Ten-List of All-time Masterpieces in Cinematography ist unangefochten Noi Albinoi.
Die vollkommen perfekte Darstellung einer in sich geschlossenen Welt macht diesen Film zum Meisterwerk. Diese Geschichte hätte sich in der Wildschönau ebenso ereignen können wie in der Ukraine oder Iowa. Der Drehbuchautor und Regisseur Dagur Kari sagte mir im Nachhinein, er habe es darauf angelegt, bestimmte Aspekte des kleinstädtischen Lebens übernatürlich hervorzuheben, während er andere völlig ausblendete. Gleichzeitig hat er sehr viel Mühe in die Ausarbeitung der Charaktere gelegt: Auch die kleinste Rolle, etwa des skurrilen Französischlehrers in Nois Schulklasse, hat mehr Persönlichkeit im kleinen Finger als alle "neuen" deutschen Filme der letzten Jahre zusammen (o.k., fast alle).
Dieser Schwerpunkt auf der Story und den handelnden Personen, also auf dem Wesentlichen macht die Klasse eines Films aus. Van Gogh tat dasselbe: Das Eigentliche hervorheben und überzeichnen, das Belanglose löschen.
Nach kurzer Zeit fiel ich in eine Art Traumzustand. Ich übersah völlig, dass die Island dominierende Fischerei überhaupt nicht erwähnt wird: Sie ist für Nois Leben, Lieben und Leiden irrelevant.
Vier Jahre, meinte Kari, habe er an "Noi Albinoi" gearbeitet, sechs Jahre Skizzen gesammelt. Das Ergebnis lohnt den Aufwand: "Noi Albinoi" spielt in derselben Liga wie "Harold and Maude", "Rushmore" oder "The Graduate".
werft - am Freitag, 2. Mai 2003, 19:06 - Rubrik: Bewegte Bilder
Dramolett in einem Akt.
Ort und Zeit: Party in D.s Wohngemeinschaft, Samstag, 1:13 a.m.
Personen: ich (W), ein Österreicher (Ö), dessen Namen mir zu merken ich keine Veranlassung sah.
Ö: ...ja, es sind eh auch etliche Österreicher auf der Party da.
W (erfolglos freudige Erregung vortäuschend): Mhm.
Ö: Ja, da hinten zwei, auf der Couch einer.
W (das Vortäuschen aufgebend und offene Gleichgültigkeit zeigend): Aha.
(beiderseitig betroffenes Schweigen)
Ö: Und, was hast für Pläne für nach dem Stage?
W: Naja, nach dem Wehrdienst hier in Brüssel einen Job finden. Spannendes Umfeld und so. Wenn das nicht klappt, im Aussenamt oder Umweltministerium. Da gibt es viel Interessantes zu tun.
Ö: Aha. Bist beim CV?
W (leicht erheitert, aber Unheil witternd): Nope.
Ö: (schweigt betroffen, leichtes Mitleid legt sich in seinen Blick)
W (zu den Klängen des "Ketchup Songs" zu Aurélie und Pelin in die Küche der Wohnung flüchtend): Sorry, äh, ich hab da irgendwo meinen Martini stehen lassen.
Ort und Zeit: Party in D.s Wohngemeinschaft, Samstag, 1:13 a.m.
Personen: ich (W), ein Österreicher (Ö), dessen Namen mir zu merken ich keine Veranlassung sah.
Ö: ...ja, es sind eh auch etliche Österreicher auf der Party da.
W (erfolglos freudige Erregung vortäuschend): Mhm.
Ö: Ja, da hinten zwei, auf der Couch einer.
W (das Vortäuschen aufgebend und offene Gleichgültigkeit zeigend): Aha.
(beiderseitig betroffenes Schweigen)
Ö: Und, was hast für Pläne für nach dem Stage?
W: Naja, nach dem Wehrdienst hier in Brüssel einen Job finden. Spannendes Umfeld und so. Wenn das nicht klappt, im Aussenamt oder Umweltministerium. Da gibt es viel Interessantes zu tun.
Ö: Aha. Bist beim CV?
W (leicht erheitert, aber Unheil witternd): Nope.
Ö: (schweigt betroffen, leichtes Mitleid legt sich in seinen Blick)
W (zu den Klängen des "Ketchup Songs" zu Aurélie und Pelin in die Küche der Wohnung flüchtend): Sorry, äh, ich hab da irgendwo meinen Martini stehen lassen.
werft - am Dienstag, 29. April 2003, 10:04 - Rubrik: Babylonisches Bruessel

Vor genau zehn Jahren sah ein vierzehnjähriger Streber nägelkauend vom ersten Rang im Sektor E des Praterstadions aus den fantastischen Fallrückzieher des litauischen Strafraumungeheuers Iwanauskas zum 1:0 gegen die "Greanan". Es war der 21. Meistertitel der Wiener Austria.
Heute versucht eine 24-jähriger Streber nägelkauend, in den herumflirrenden Pixeln der sport1.at-Videostreams das wunderschöne 2:1 des begnadeten Slowaken Janocko gegen den GAK zu erkennen: 22. Meistertitel.
Litauen und die Slowakei sind heute in der EU. Iwanauskas ist litauischer Teamchef. Ich sitze mit einer violetten Krawatte vor einem Computerbildschirm in Belgien.
Seltsam, was sich in zehn Jahren alles geändert hat...
werft - am Montag, 28. April 2003, 10:00 - Rubrik: Begnadete Beine
Seit heute, 20:27, kann ich jedem, der mich nach einem probaten Mittel gegen Liebenskummer fragt, aus persönlicher Erfahrung und tiefer Überzeugung folgendes nahelegen: ARBEIT.
Um 17:02 hatte ich nach dem Erhalt IHRER Nachricht und den darin enthaltenen schmerzhaften Wahrheiten noch das Gefühl, im vollen Lauf gegen eine Wand zu knallen (die ich seit Tagen kommen sah).
Um 18:05 waren meine engelsgeduldigen Bürokolleginnen meiner Larmoyanz überdrüssig und verliessen Charlemagne Richtung copin, week-end und Jardins royaux (die nur mehr an diesem Wochenende zugänglich sind).
Um 19:02 erschien eine willkürliche Alkoholvergiftung samt Löschen der Festplatte als vernünftiger Weg, mir Luft zu verschaffen.
Um 19:03 kratzte ich mir eine Träne aus dem Knopfloch und machte mich an die ungeheuer aufregende Aufgabe, die inhaltliche Konsistenz eines Amendments zur Commission Regulation über den Transport von gefährlichem Abfall zu prüfen.
Um 20:07 war ich damit fertig und hatte zudem die Erkenntnis gewonnen, dass dieses wahnsinnige Gesetz tatsächlich eine Unterscheidung zwischen waste of pigs` bristles and hair und horsehair waste macht.
Um 20:27 schliesslich bekam ich eine Mail von Nellie an Gareth in Genf, die sich für meine Hilfe bedankte und meinte, ohne diese sässe sie noch Samstag abends an den Listen.
Trotzdem, das mit der Liebe habe ich noch nicht durchschaut. Der Herr Cocker, Jarvis hat schon recht:
It doesn`t fit my plans
It`s not convenient
It doesn`t make no sense
But I`ve got that taste in my mouth again.
Um 17:02 hatte ich nach dem Erhalt IHRER Nachricht und den darin enthaltenen schmerzhaften Wahrheiten noch das Gefühl, im vollen Lauf gegen eine Wand zu knallen (die ich seit Tagen kommen sah).
Um 18:05 waren meine engelsgeduldigen Bürokolleginnen meiner Larmoyanz überdrüssig und verliessen Charlemagne Richtung copin, week-end und Jardins royaux (die nur mehr an diesem Wochenende zugänglich sind).
Um 19:02 erschien eine willkürliche Alkoholvergiftung samt Löschen der Festplatte als vernünftiger Weg, mir Luft zu verschaffen.
Um 19:03 kratzte ich mir eine Träne aus dem Knopfloch und machte mich an die ungeheuer aufregende Aufgabe, die inhaltliche Konsistenz eines Amendments zur Commission Regulation über den Transport von gefährlichem Abfall zu prüfen.
Um 20:07 war ich damit fertig und hatte zudem die Erkenntnis gewonnen, dass dieses wahnsinnige Gesetz tatsächlich eine Unterscheidung zwischen waste of pigs` bristles and hair und horsehair waste macht.
Um 20:27 schliesslich bekam ich eine Mail von Nellie an Gareth in Genf, die sich für meine Hilfe bedankte und meinte, ohne diese sässe sie noch Samstag abends an den Listen.
Trotzdem, das mit der Liebe habe ich noch nicht durchschaut. Der Herr Cocker, Jarvis hat schon recht:
It doesn`t fit my plans
It`s not convenient
It doesn`t make no sense
But I`ve got that taste in my mouth again.
werft - am Freitag, 25. April 2003, 20:53 - Rubrik: Babylonisches Bruessel